Donnerstag, 25. März 2010

Ermutigende Erlebnisse im Wahlkampf

Die letzten Tage und Wochen waren für mich ziemlich intensiv durch den Wahlkampf geprägt. Einerseits gibt es immer wieder frustrierende Erlebnisse, wenn Leute sich partout weigern an den Wahlen teilzunehmen, oder man es ihnen schon fast ansieht, dass sie den Termin verschlafen werden. Es überwiegen aber doch viele ermutigende Erlebnisse:

- Leute, die auf einem zukommen und sagen, dass sie einem gewählt haben (z.T. sogar ziemlich unerwartet, wie 8 Stimmen aus einer FDP-Familie)
- Wildfremde Leute, die einem plötzlich kennen und unterstützen
- Freunde, die motiviert Wahlwerbung machen (mein Bruder hat sogar einen Flyer von mir laminiert und ihn an seinem Velo befestigt)
- Unerwartet grosse Spenden für den Wahlkampf (jedenfalls für meine Verhältnisse)
- Die Gelegenheit eine ganze WG von Nichtwählern zu politisieren (auch wenn es fast eine Stunde dauern sollte).
- Leute, die einem etwas zu Essen an den Stand im Bälliz bringen (wobei auch das BDP-Raclette ganz gut geschmeckt hat)
- Alte Kollegen vom Gymer die sich aus dem Nichts melden und fragen, wie sie am besten Wählen können

Es gäbe noch einige weitere Beispiele, doch besonders erstaunt hat mich die E-mail von einem nicht-EDU-Grossrat der eigentlich bereits einen bestimmten Vorstoss einreichen wollte aber damit auf eine allfällige Wahl von mir warten wollte, weil es "mein Thema" sei. Das hat mich gerade besonders ermutigt, dass andere Leute mir reale Wahlchancen einräumen und sich über meine Wahl freuen würden.

Ein grosses Merci jedenfalls auch an alle Blogleser die mich unterstützen und/oder für mich beten!

Seien wir gespannt auf den Sonntag...

Sonntag, 21. Februar 2010

Kostete Lumengo's Stimmenfang den Schweizer Demokraten ihren Sitz?

Kostete Lumengo's Stimmenfang den Schweizer Demokraten ihren Sitz? - Eine Analyse

In den letzten Tagen wurde bekannt, dass Nationalrat Ricardo Lumengo (SP/BE) bei den Grossratswahlen 2006 und den Nationalratswahlen 2007 ca. 100 Wahlzettel ausgefüllt hat, wobei anzunehmen ist, dass dies im Einverständnis der Wählenden geschah, welche den Stimmrechtsausweis jeweils eigenhändig unterschrieben (http://www.ricardolumengo.ch/28201.html). Das kommende Gerichtsurteil dürfte abschliessend klären, ob Nationalrat Lumengo sich damit des Straftatbestands des Stimmenfangs schuldig gemacht hat (ein Verdacht auf den schwereren Tatbestand der Wahlfälschung ist hier wahrscheinlich fehl am Platz). Der Berner Staatsschreiber Kurt Nusspliger sagte 2008 dazu:

"Es sei nicht grundsätzlich verboten, dass jemand für eine andere Person den Wahlzettel ausfülle. Der Strafbestand des Stimmenfangs liege erst vor, wenn das planmässig geschehe. Die Grenze dazu sei nicht klar definiert."
(http://www.20min.ch/news/schweiz/story/Lumengo-muss-nur-mit-Busse-rechnen-10289229)

«Wann von ‹planmässigem› Vorgehen gesprochen werden kann, ist natürlich eine Frage des richterlichen Ermessens», sagt Felix Schindler, Professor für öffentliches Recht an der Uni St. Gallen. Das Bundesgericht habe sich zu dieser Frage nicht geäussert. Schindler weiss aber: «In anderem Zusammenhang hielt das Gericht in einem Urteil von 1977 fest, dass das Abändern von 20 Wahlzetteln der Freiburger Grossratswahl als ‹systematische› Wahlmanipulation einzustufen sei und es sich nicht mehr um Einzelfälle handle.»
(http://www.20min.ch/news/schweiz/story/28316083)

Des gleichen Vergehens hat sich übrigens auch SVP Nationalrat Hans Ulrich Mathys schuldig gemacht, der auf Wunsch von 21 Stimmberechtigten ihre Wahlzettel ausfüllte. «Es ist hinlänglich bekannt, dass Wahlzettel nicht immer durch den betreffenden Stimmberechtigten selbst, sondern durch eine Person seines Vertrauens ausgefüllt werden», teilte die SVP Aargau damals mit (http://www.20min.ch/news/schweiz/story/28316083). Zu einer Verurteilung kam es nicht.

Bei den Nationalratswahlen 2007 ging es um 47 Wahlzettel die Nationalrat Lumengo anscheinend selbst ausfüllte. Nun haben die Schweizer Demokraten in einem Pressecommuniqué eine "lückenlose Aufklärung der Wahlmanipulation" gefordert da die SD damals ihren Sitz knapp an die SP verloren habe (http://www.schweizer-demokraten.ch/WahlmanipulationLumengos_19.2.2010.pdf).

Dieser Blogeintrag untersucht, ob diese 47 Listen tatsächlich einen Unterschied gemacht hätten und ob die Klage der SD berechtigt ist.

Die detaillierten Berechnungen können dem folgenden Excel-File entnommen werden (http://www.file-upload.net/download-2283987/nrw07.xls.html). Hier nur die wichtigsten Daten:

Nach der Erstverteilung erhalten die folgenden Listenverbindungsblöcke die folgende Anzahl Sitze:

SVP-FDP: 13
SP-Grüne: 9
EVP-CVP: 2
EDU: 0
SD&Andere: 0
IGM: 0
Total: 24 von 26

D.h. es sind noch 2 Restmandate zu vergeben.

Dazu werden alle Parteistimmen durch (#bereits vergebene Sitze + 1) dividiert. Die Partei, die dann den höchsten Quotienten aufweist bekommt ein Restmandat:

SVP-FDP: 288'115,5
SP-Grüne: 282'210,0
EVP-CVP: 281'292,7
EDU: 294'168,0
SD&Andere: 272'637,0
IGM: 15'987,0


Die beiden Restmandate gehen an den Block SVP-FDP und an die EDU. SP und Grüne haben bereits in der Erstverteilung 9 Mandate erhalten, darunter auch das Mandat von Ricardo Lumengo. Der grösste Anspruch auf ein Restmandat hatte die EDU und sie hat das erste Restmandat auch erhalten. Den zweitgrössten Anspruch können die Bürgerlichen geltend machen und auch sie haben das zweite RM erhalten. Danach hätten SP und Grüne, dann EVP-CVP und danach erst SD&Andere einen Anspruch auf ein Restmandat gehabt.

Fazit:
Obwohl das Schweizer Fernsehen die Sache als knappes Rennen zwischen der SP und den SD darstellte, fehlte dafür anscheinend die rechnerische Grundlage. Ricardo Lumengo's 47 Wahlzettel (= maximal 1222 Stimmen für die SP) haben keinen Unterschied bei der Mandatsvergabe gemacht.

Ob Nationalrat Lumengo widerrechtlich gehandelt hat wird das entsprechende Gerichtsverfahren feststellen. Zurücktreten muss er deshalb nicht. Allerdings wird die SP entscheiden müssen, ob sie Lumengo für die Nationalratswahlen 2011 nominieren wollen und falls ja, bleibt es dem Stimmbürger überlassen, ein abschliesendes Urteil zu fällen.

Dienstag, 9. Februar 2010

Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache



Vor einigen Woche wurde eine neue Initiative lanciert, welche die Finanzierung von Abtreibungen aus dem Grundkatalog der Krankenkassen streichen will.

Heute erfolgt die Finanzierung einer Abtreibung (Kosten zwischen Fr. 700.- und Fr. 4'000.-, soll hier aber nicht das Hauptargument sein) zwingend über die Grundversorgung einer Krankenkasse. Doch wogegen versichert frau sich eigentlich? Kinder bekommen ist doch keine Krankheit sondern etwas vom natürlichsten seit es den Menschen gibt!

Zudem lässt die Initiaitve genügend Spielraum für Extremsituationen wie Vergewaltigung oder Gefährdung des Lebens der Mutter.

In unserer aufgeklärten Gesellschaft sollte eigentlich jede(r) in der Lage sein, in den meisten Fällen eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern (natürlich ausgenommen Vergewaltigung), wer dies nicht kann/will sollte damit nicht der Allgemeinheit zur Last fallen. So wären laut einer Umfrage auf 20min.ch die meisten ungewollten Schwangerschaften vermeidbar gewesen.

Die Abtreibungsfrage war und bleibt aus ethischer Sicht sehr umstritten. Zwar haben 72% der Stimmenden 2002 die Fristen"lösung" befürwortet, wobei wohl 28% eine Abtreibung unethisch finden. Warum sollte diese Leute de facto gezwungen werden, etwas mitzufinanzieren, das komplett gegen ihre persönliche Ethik und ihre Wertvorstellungen geht?


Wer die Initiative unterschreiben will, kann dies hier tun:
http://www.privatsache.ch/unterschriftenbogen/index.html

Und hier noch der Link zur Facebook-Gruppe:
http://www.facebook.com/#!/group.php?gid=263771323353&ref=ts

Freitag, 22. Januar 2010

Strategischer Ausblick auf die Grossratswahlen




Am 28. März wird im Kanton Bern das Kantonsparlament neu bestellt. Selten war die Ausgangslage so spannend wie dieses Mal: neue Wahlkreise, neue Parteien, neue Streitigkeiten.

Die Erhöhung der Wahlkreise von 8 auf 9 ist einer von vielen Nachteilen, mit dem Kleinparteien und Jungparteien immer noch leben müssen, daran lässt sich kurzfristig nichts ändern.

Eine andere Herausforderung ist die Tatsache, dass auf einen Schlag drei neue, ernstzunehmende Parteien mehr oder weniger flächendeckend antreten: Dies sind: Die Bürgerlich-Demokratische Partei, die Grünliberalen und die Piratenpartei (deren Wahlchancen ich keinesfalls unterschätzen würde). Diese dürften neue Wählerschichten mobilisieren während sie gleichzeitig wohl mehreren etablierten Parteien zu schaffen machen werden.

Doch ist die Ausgangslage für die christlichen Kleinparteien nicht so schlecht wie man auf den ersten Blick vermuten könnten. Wir können nicht nur auf eine sehr treue Wählerschaft zählen (vor allem die EDU) aber der gegenwärtige Zwist im bürgerlichen Lager kommt den anderen Parteien nicht ungelegen. BDP, FDP und SVP marschieren getrennt und schwächen sich gegenseitig wo früher die SVP und die FDP kaum auseinanderzubringen waren. So überrascht es nicht, dass sich die SVP an Strohhalme wie eine Listenverbindung mit den Schweizer Demokraten klammert um zu jedem Preis nicht gegenüber der BDP einzubrechen. Für die SVP taktisch ganz geschickt, für die SD die beste (oder einzige?) aller schlechten Alterntiven, da in einer LV tendenziell immer die stärkere Partei profitieren kann.

Ganz anders das Bild bei Links-Grün und beim christlichen Block wo wie bei den letzten Wahlen EDU, EVP und CVP flächendeckend eine Listenverbindung eingingen. So ist es nicht ausgeschlossen, dass der christliche Block (oder ist die Bezeichnung Fischli-Fraktion heute geläufiger?) z.B. im Wahlkreis Thun zum zweitstärksten Block avancieren kann mit entsprechenden Möglichkeiten eines der (wahrscheinlich) reichlich vorhandenen Restmandate zu ergattern. Ziemlich klar schein, dass die Strategie des bürgerlichen Lagers (oder das Fehlen derselben) schon vor den Wahlen zum Scheitern verurteilt ist. Geschickter agieren die Grünliberalen, die entweder mit der BDP oder der Piratenpartei die für Kleinparteien fast überlebenswichtige Listenverbindung eingingen.

Eines ist jedenfalls klar: Eine Prognose ist sehr schwierig, zu viele neue Faktoren spielen eine Rolle. Trotzdem wage ich mich eine solche zu treffen:

SP: 39 (-3) (Verluste zu Gunsten von Grünen, evtl. auch GLP und BDP)
SVP: 37 (+7) (Die SVP fängt sich nach dem Aderlass and die BDP)
FDP: 21 (-5) (Konkurrenz durch BDP und GLP ist für die FDP eine Katastrophe)
Grüne: 20 (+1) (wohl immer noch im Hoch, jedenfalls gegenüber den GenossInnen)
BDP: 15 (-2) (wird sich als weitere bürgerliche Kraft erfolgreich etablieren)
EVP: 12 (-1) (Zenit überschritten, dürfte etwas an GLP und BDP verlieren, dank massivem Kandidatenansturm werden die Verluste wohl nicht zu hoch sein)
EDU: 7 (+1) (Im Oberland gibt's den zweiten Sitz! Emmental verliert wohl zwar einen, aber ein Sitzgewinn ist in Thun und Biel-Seeland durchaus möglich)
GLP: 5 (+5) (Für Fraktionstärke reichts gerade, und sonst kommen halt noch die Piraten an Bord)
PSA: 2 (-1) (Die Jurafrage ist neu lanciert, 3 Sitze sind trotzdem schwer zu halten.
Piraten: 1 (Einen Sitz sollte es sicher geben, am ehesten im grössten Wahlkreis Biel-Seeland)
CVP: 1 (+/-0) (In der Stadt Bern hat's stets für einen Sitz gereicht, dank zwei eigenen Listen und Listenverbindung mit EVP und EDU wird er verteidigt)