Freitag, 22. Januar 2010
Strategischer Ausblick auf die Grossratswahlen
Am 28. März wird im Kanton Bern das Kantonsparlament neu bestellt. Selten war die Ausgangslage so spannend wie dieses Mal: neue Wahlkreise, neue Parteien, neue Streitigkeiten.
Die Erhöhung der Wahlkreise von 8 auf 9 ist einer von vielen Nachteilen, mit dem Kleinparteien und Jungparteien immer noch leben müssen, daran lässt sich kurzfristig nichts ändern.
Eine andere Herausforderung ist die Tatsache, dass auf einen Schlag drei neue, ernstzunehmende Parteien mehr oder weniger flächendeckend antreten: Dies sind: Die Bürgerlich-Demokratische Partei, die Grünliberalen und die Piratenpartei (deren Wahlchancen ich keinesfalls unterschätzen würde). Diese dürften neue Wählerschichten mobilisieren während sie gleichzeitig wohl mehreren etablierten Parteien zu schaffen machen werden.
Doch ist die Ausgangslage für die christlichen Kleinparteien nicht so schlecht wie man auf den ersten Blick vermuten könnten. Wir können nicht nur auf eine sehr treue Wählerschaft zählen (vor allem die EDU) aber der gegenwärtige Zwist im bürgerlichen Lager kommt den anderen Parteien nicht ungelegen. BDP, FDP und SVP marschieren getrennt und schwächen sich gegenseitig wo früher die SVP und die FDP kaum auseinanderzubringen waren. So überrascht es nicht, dass sich die SVP an Strohhalme wie eine Listenverbindung mit den Schweizer Demokraten klammert um zu jedem Preis nicht gegenüber der BDP einzubrechen. Für die SVP taktisch ganz geschickt, für die SD die beste (oder einzige?) aller schlechten Alterntiven, da in einer LV tendenziell immer die stärkere Partei profitieren kann.
Ganz anders das Bild bei Links-Grün und beim christlichen Block wo wie bei den letzten Wahlen EDU, EVP und CVP flächendeckend eine Listenverbindung eingingen. So ist es nicht ausgeschlossen, dass der christliche Block (oder ist die Bezeichnung Fischli-Fraktion heute geläufiger?) z.B. im Wahlkreis Thun zum zweitstärksten Block avancieren kann mit entsprechenden Möglichkeiten eines der (wahrscheinlich) reichlich vorhandenen Restmandate zu ergattern. Ziemlich klar schein, dass die Strategie des bürgerlichen Lagers (oder das Fehlen derselben) schon vor den Wahlen zum Scheitern verurteilt ist. Geschickter agieren die Grünliberalen, die entweder mit der BDP oder der Piratenpartei die für Kleinparteien fast überlebenswichtige Listenverbindung eingingen.
Eines ist jedenfalls klar: Eine Prognose ist sehr schwierig, zu viele neue Faktoren spielen eine Rolle. Trotzdem wage ich mich eine solche zu treffen:
SP: 39 (-3) (Verluste zu Gunsten von Grünen, evtl. auch GLP und BDP)
SVP: 37 (+7) (Die SVP fängt sich nach dem Aderlass and die BDP)
FDP: 21 (-5) (Konkurrenz durch BDP und GLP ist für die FDP eine Katastrophe)
Grüne: 20 (+1) (wohl immer noch im Hoch, jedenfalls gegenüber den GenossInnen)
BDP: 15 (-2) (wird sich als weitere bürgerliche Kraft erfolgreich etablieren)
EVP: 12 (-1) (Zenit überschritten, dürfte etwas an GLP und BDP verlieren, dank massivem Kandidatenansturm werden die Verluste wohl nicht zu hoch sein)
EDU: 7 (+1) (Im Oberland gibt's den zweiten Sitz! Emmental verliert wohl zwar einen, aber ein Sitzgewinn ist in Thun und Biel-Seeland durchaus möglich)
GLP: 5 (+5) (Für Fraktionstärke reichts gerade, und sonst kommen halt noch die Piraten an Bord)
PSA: 2 (-1) (Die Jurafrage ist neu lanciert, 3 Sitze sind trotzdem schwer zu halten.
Piraten: 1 (Einen Sitz sollte es sicher geben, am ehesten im grössten Wahlkreis Biel-Seeland)
CVP: 1 (+/-0) (In der Stadt Bern hat's stets für einen Sitz gereicht, dank zwei eigenen Listen und Listenverbindung mit EVP und EDU wird er verteidigt)
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Endlich eine Wahlprognose, die sich die Mühe genommen hat, jede Partei zu analisieren. Ich denke die BDP wird einen Wahlanteil von ca. 15 % erreichen, und damit 24 Sitze erreichen = + 7, die SVP wird mit ca. 23 % etwa die 37 Sitze erreichen.
AntwortenLöschenMarkus Wüthrich